14.09.2023



Dieser Bericht hat etwas länger gedauert: Zum einen gibt es viel Stoff, zum anderen waren wir mit Annettes OB-Wahlkampf beschäftigt, der viel Kraft und Zeit gekostet hat, und den wir jetzt natürlich aufräumen: Nicht nur Plakate müssen wieder weg, wir analysieren die Ergebnisse natürlich auch und versuchen sie zu erklären. Aber das ist ein anderes Thema, zu dem wir demnächst mehr schreiben. Und es geht gleich weiter mit Wahlkampf: Unser John kandididiert für den Seniorenrat.

Jetzt erst mal zur Sitzung am 14.09.2023: Hier die wichtigen Links: Tagesordnung, Liveticker und Livestream. Dieses Mal blieb der Livestream auch nach der Sitzung online, später wurden dann Sprungmarken eingefügt. Leider wird das Video nach einem Monat wieder gelöscht, wir raten daher allen Interessierten, sich eine Privatkopie zu erstellen.

Diese Sitzung war sehr anstrengend, das lag nicht nur an der Länge, sondern am Wetteifer einiger Trolle, uns mit Beschimpfungen zuzubrüllen. So viel sei vorab verraten: der erste Preis geht an die SPD, der zweite an die Linken. Wir fühlen uns geehrt, denn Wutgeschrei ohne sachliche Argumente zeigt, dass wir anscheinend einen Nerv getroffen haben. Aber lest selbst:

Tagesordnung

Abgesetzt: Wahl zum Naturschutzbeirat

Einige Punkte wurden von der TO abgesetzt, namlich TOP 23 Wahl des Naturschutzbeirats. Der Grund ist, dass die Zusammensetzung des Beirats verändert worden war, wofür es aber wohl überhaupt keine Rechtsgrundlage gibt. Es sollen nämiich jetzt nur noch sachkundige Bürger gewählt werden und keine Stadtverordneten. Wir waren darüber auch erstaunt, aber finden sachkundige Bürger in Beiräten wichtig. Wir hatten also schon eine Kandidatin und einen Kandidaten vorgeschlagen, die wir für sehr sachkundig und geeignet halten. Nun wird erst mal eine Stellungsnahme des Städtetags abgewartet. Wir lassen uns überraschen, wie es weitergeht.

Abgesetzt: Unser Antrag zur Bademöglichkeit im Hafenbecken

Abgesetzt wurde auch TOP 16 mit unserem Antrag Bademöglichkeit im Hafenbecken. Wir beantragen ein Gutachten, dass die Wasserqualität im Hafenbecken gemessen wird, um zu ermitteln, ob sie gut genug ist, um dort eine Badeanstalt einzurichten. Vor ein paar Jahren hatten wir eine Anfrage der FDP gesehen, in der es um die Wasserqualtiät im Hafenbecken ging. In der Antwort damals stand, dass die Wasserqualität sehr gut sei. Leider veröffentlicht die FDP ihre Anfragen nicht, und erst recht nicht die Antworten darauf. (Wir sind die einzigen, die Anfragen und Antworten veröffentlichen: siehe hier.) Wir hatten daher noch keine Basis für einen Antrag zu einer Bademöglichkeit und möchten erst mal nur ein Gutachten zur Wasserqualität bekommen.

Aber warum wurde dieser Antrag abgesetzt und warum haben wir mit zugestimmt? Vor der Sitzung kam die Koa auf uns zu, die natürlich mehr weiß als wir, und bat uns, den Antrag abzusetzen. Es gebe da schon „etwas“, was man wissen sollte, bevor man über unseren Antrag debattiert. Wir vermuten natürlich, dass es sich dabei um die Antwort auf die FDP-Anfrage handelt. Die hätten wir auch gerne. Daher haben wir uns trotz Misstrauens darauf eingelassen, gegen das Versprechen, die Infos, die die Koa jetzt erfährt, ebenfalls zu bekommen und mögliche Änderungsanträge gemeinsam zu stellen.

Das Wasser im Main ist leider für das Schwimmen noch nicht geeignet. Im Hafen soll es besser sein.

In den 2,5 Jahren, die wir jetzt schon dabei sind, ist unser naives Vorschussvertrauen in die Koa leider aufgebraucht worden. Sie hat uns ja schon mal reingelegt: vor 1,5 Jahren wurden wir bequatscht, unseren Antrag zum Mentoring-Programm für Jugendliche zurückzustellen, damit zuerst der Antrag Mentoring Junge Frauen drankommen sollte, im Gegenzug hatte uns die Koa versprochen, dann auch unserem Antrag zuzustimmen. Was auch geschah, NUR: Der Antrag Mentoring für Junge Frauen wurde umgesetzt, unser Antrag leider nicht. Die Vorsitzende der SPD-Fraktion hatte es gar nicht nötig, auf Mails zum Thema überhaupt noch zu antworten. Tja, ausgetrickst! Und eine Anfrage dazu wurde leider auch nicht zufriedenstellend beantwortet. Kurz, das ist nur einer der krassen Vorgänge, durch die wir uns verarscht fühlen. Trotzdem haben wir uns wieder breitschlagen lassen. Wir warten jetzt ab, ob das Versprechen dieses Mal ehrlich war, also, ob die Koa uns einlädt, uns an Änderungsanträgen zu beteiligen und ob wir dann auf dem gleichen Informationsstand sind, oder ob wir wieder reingelegt werden. (Liebe Koa, Vorträge von Euch, doch mal nicht so misstrauisch zu sein, verbitten wir uns. Ihr hattet ja zu Beginn unserer Amtszeit viel Vorschussvertrauen von uns bekommen.)

Nicht abgesetzt: TOPs 31 und 32: Bebauungspläne Kaiserlei

Wir haben beantragt, diese beiden TOPs zu verschieben, denn die Anlagen, die wir dazu bekommen haben, hatten einen Umfang von 2051 Seiten. Und sie waren nicht maschinenlesbar, wir konnten also nicht per Suchbefehl nach unseren Lieblingsstichworten suchen. Nach unserer Beschwerde haben wir die Unterlagen dann doch noch kurzfristig in maschinenlesbarer Form bekommen. In der Begründung für die unbrauchbare Version hieß es: „Es handelt sich dabei nicht um die Original-pdf-Dateien, sondern um Dateien verringerter Qualität, um Manipulationen vorzubeugen.“ Da fragen wir uns, welche Art von Manipulationen das sein sollen, wer da verdächtigt wird, zu manipulieren und wer da welchen Nutzen draus ziehen könnte. Tatsächlich ist das gleiche schon mal passiert, nämlich ebenfalls zum Thema Bebauung am Kaiserlei. Herr Weiss präsentierte damals im Ausschuss USV in einer 10-minütigen Rede eine andere Erklärung, nämlich dass die Maschinenlesbarkeit eine „ungeheure“ Extraarbeit für die Verwaltung bedeuten würde, die man ihr nicht zumuten könne.

Die TOPs wurden also nicht verschoben. Anscheinend hatten die Kolleginnen und Kollegen kein Problem damit, 2051 Seiten, die nicht durchsuchbar sind, genau zu lesen. Es macht tatsächlich keinen Unterschied, ob man die gelesen hat oder nicht. Und wie wir dann abstimmen (haben uns enthalten), auch nicht. Die Koa weiß vorher, wie sie abstimmen soll.


Bauvorhaben am Ledermuseum Video (0:50:31)

Dieser Antrag stand schon letzes Mal auf der Tagesordnung und ist verschoben worden, auf diese Sitzung. Wir müssen den Bericht von der letzten Sitzung korrigieren: Der Gestaltungsbeirat hatte am 25.05.2023 die Stadtverordneten nicht zu diesem Thema ausgeschlossen, sondern zu einem anderen. Das Projekt am Ledermuseum ist schon voriges Jahr, am 02.06.2022 verhandelt worden, unter dem Punkt „Frankfurter Straße 76-82“. Allerdings fand laut Protokoll noch „im Nachgang zur Sitzung ein Termin statt, bei dem anhand eines Modells Empfehlungen ausgesprochen wurden.“ Der war leider nichtöffentlich, und insofern stimmt der Vorwurf der Intransparenz.

In dem Antrag geht es um einen Städtebaulichen Vertrag, in dem sich die Stadt und der Investor auf zusätzliche Gestaltung geeinigt haben. Diesem müssen die Stadtverordneten zustimmen.

Diese Häuser neben dem Ledermuseum sind inzwischen marode und sollen abgerissen werden. Stattdessen plant der Investor dort viel höhere Häuser im heutigen Baustil.

Die Debatte zu diesem Punkt dauerte über eine Stunde mit zahlreichen Wortmeldungen. Daraus wurde die Unzufriedenheit vieler Stadtverordneter mit den Plänen deutlich. Während FDP und SPD das Projekt überschwänglich lobten („Wir müssen bauen bauen bauen…“, „Wohnraum, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen…“), kam von den anderen Kritik:

Die SPD begann ihren Beitrag erst mal mit Hohn: „so viel Sozialpathos“! Ob wir das für eine „sozial“demokratische Fraktion passend finden? Soziale Aspekte sind bei unserer Koa ja leider meistens nur nachgeordnet und spielen in diesem Projekt mal wieder überhaupt keine Rolle.

Helge erklärte, dass es sich hier um eine Blaupause für zukünftige Investoren handelt. Sie verhandeln mit der Stadt und dann verschwinden alle lästigen Vorgaben wie Entsiegelung, Frischluftschneisen, Denkmalschutz oder Anteile an Sozialwohnungen. Man kriecht den Investoren in den Allerwertesten und brüstet sich dann mit Wohltaten für die Stadt.

Wir fürchten auch, dass die Infrastruktur unserer Stadt, also Kitas, Schulen, Verwaltung, Energieversorgung, Wasser usw. mit dem rasanten Bevölkerungswachstum noch weiter ins Hintertreffen geraten wird. Wir wollen den Fetisch „Wachstum um jeden Preis“ erst mal kritisch hinterfragen.

Ökologische Aspekte des Flächennutzungsplans (2:51:18)

Wir sind bekanntlich gegen die Bebauung in Bieber-Waldhof und haben hierzu schon viele Anträge gestellt, alle mit sehr unterschiedlichen Begründungen. Auch dieser Antrag fällt in diese Kategorie. Dieses Mal geht es uns darum, dass hier ein sogenannter „Grünzug“ bebaut wird. Was ist ein Grünzug? Hierzu gibt Wikipedia eine Erläuterung:

„Als Grünzug bzw. kleinräumigere Grünzäsur werden in der Raumordnung und der Landschaftsplanung zusammenhängende, nicht bebaute Gebiete bezeichnet, die zum Biotopverbund und zur Gliederung und dauerhaften Trennung von Siedlungsflächen ausgewiesen werden.“

Wo ein Grünzug verläuft, wo gebaut werden darf, wo Landwirtschaft betrieben wird, wo ein Naturschutzgebiet liegt und mehr, bestimmt die Regionalversammlung Südhessen. Städtische Entscheidungen sind nachgeordnet.

2019 hat die Regionalversammlung Kriterien für ein aktualisiertes Plankonzept für ein Regionales Entwicklungskonzept (REK) beschlossen. In diesem wurde u.a. festgelegt, dass regionale Grünzüge nicht bebaut werden dürfen. Dies betrifft auch das geplante Baugebiet in Bieber-Waldhof. Danach dürfte dort kein Bebauungsplan erstellt werden. Aber 2022 gab es einen gegenteiligen Beschluss, nämlich dass doch Eingriffe in den Regionalen Grünzug möglich sein dürfen, und zwar für Oberzentren im 1000-m-Bereich von Schienenhaltepunkten. Die vier Oberzentren in Südhessen sind Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt und Offenbach. Man sieht, man kann sich auf Beschlüsse nicht unbedingt verlassen, ruckzuck passiert doch das Gegenteil. Allerdings darf die Bebauung höchstens 40 ha betreffen. Da ist natürlich Streit vorprogrammiert, denn wie diese 40 ha aufgeteilt werden sollen, ist bis jetzt völlig unklar. Es gibt nun zwei sich gegenseitig widersprechende Beschlüsse der Regionalversammlung.

Wir haben deshalb beantragt, dass unsere Stv-Versammlung eine Empfehlung aussprechen soll, nämlich, dass doch der erste Beschluss von 2019 beachtet werden soll und nicht der zweite von 2022. Wohlgemerkt, wir wissen auch, dass wir den Offenbacher Vertretern in der Regionalversammlung keine Weisungen erteilen dürfen. Eine Empfehlung ist trotzdem möglich, ob sie beachtet wird, ist eine andere Frage. Dies hat Annette in ihrer Rede auch betont.

Nun muss man wissen, dass die Mehrheitsverhältnisse in unserer Stv-Versammlung andere sind als in der Regionalversammlung. In letzerer hat eine Koalition aus CDU und SPD die Mehrheit, die Grünen sind in der Opposition. Entsprechend vehement haben sie sich gegen den zweiten Beschluss gewehrt, anders bei uns, wo die Grünen in der Regierung sind. Wir waren gespannt, wie sie auf unseren Antrag reagieren würden.

Nun, es kam, wie es kommen musste: Die Grünen blieben stumm und die Koa schickte einen SPD-Mann vor, der löste sich von seinem Online-Kartenspiel, zog sein Sakko an und fing erst mal mit Beschimpfungen an: „noch nie so einen schlampigen Antrag erlebt wie den.. „, „hingerotzt!“ (8 mal). Wir spitzten die Ohren und warteten auf die Begründung für die Beschimpfung. Die war: wir hätten richtig erkannt, dass wir der Regionalversammlung keine Anweisungen geben dürfen, aber das sei erst am Schluss unserer Begründung gekommen. Wer den Stream anhört, wird merken, dass das das erste war, was Annette in ihrer Rede gesagt hat. Er regte sich auf, dass wir als Datum des Beschlusses den 27. Mai 2022 genannt haben. Richtig, das ist das Datum des Ergebnisprotokolls über die Sitzung war am 13. Mai, hier nachzulesen. Dann ereiferte er sich, dass wir in unserem neben dem korrekten Ausdruck „Regionalversammlung“ auch den durchaus üblichen Ausdruck „Regionalkonferenz“ verwendet haben. Deshalb müsse man den Antrag nicht ernst nehmen. Er warf uns dann vor, dass wir nicht direkt auf Bieber-Waldhof hingewiesen haben. Nun, erstens haben wir darauf hingewiesen, dass es Grünzüge auch auf Offenbacher Stadtgebiet gibt, zweitens ist doch wohl allen klar, dass wir die Bebauung in Bieber-Waldhof nicht wollen, und drittens wollten wir vermeiden, dass jemand behauptet, es handele sich um einen gleichen Antrag, den wir schon vorher gestellt hätten.

Schließlich kam der wahre Grund für die Ablehnung doch zutage: Mit der „alten Beschlussfassung kam man nicht weiter“, weil man eben doch bauen will. Das wissen wir, dass SPD/FDP/Grüne Bebauung wichtiger finden als Biodiversität und Klimaschutz. Das ist aber kein Grund, auf unseren Antrag zu verzichten. Weil man eben doch bauen will, sind jetzt eben alte Beschlüsse Schall und Rauch? Und wir seien doch glühende Vertreter eines ÖPNV seien, daher müssten wir doch jetzt für die Bebauung sein. Diese Logik erschließt sich uns nicht. Dann sprach er von „falschen Zitaten“ (sie sind alle wörtlich aus dem Protokoll der Sitzung der Regionalversammlung rauskopiert) und ereiferte sich ein weiteres Mal über das Datum („rotzen!“). Von den Grünen war nichts zu hören, die AFD fühlte sich einig mit der SPD. Wir überlegen, dem SPD-Redner den Troll-Award 2023 zu verleihen.

Wir hätten auch nicht verstanden, welche Aufgabe die Stv-Versammlung hat, meinte er, konnte dies aber nicht begründen, nur damit, was wir ja selbst gesagt hatten: Mehr als eine Empfehlung ist nicht drin. Er erwähnte auch die alte Lieblingsargumentation „Verwaltungshandeln geht die Stadtverordnetenversammlung nichts an“. Ja, das betrifft die Demokratie, und da haben die Koa, insbesondere die SPD und wir eine grundsätzlich andere Auffassung, das hatten wir ja schon früher im Zusammenhang mit Digitalisierung. Wir halten wegweisende politische Weichenstellungen nicht nur für Verwaltungshandeln.

Wir stufen dieses „Argumentationsmuster“ bei den Logical Fallacies als Gefühlsargument ein: „Du hast versucht, eine emotionale Reaktion zu provozieren, anstatt ein stichhaltiges oder schlüssiges Argument anzubringen.“ Die einfachste Methode dabei sind aggressive Beschimpfungen, weitere Argumente sind gar nicht nötig. Gefühlsmäßig bleibt schon was hängen.

Wie erwartet wurde unser Antrag abgelehnt.

Ferienwohnungssatzung (3:08:08)

Die Idee zu diesem Antrag waren Anregungen von Bürgerinnen, die beobachet hatten, dass in neu gebauten Wohnungen in der Nachbarschaft keine Dauermieter eingezogen sind, sondern dass sie offensichtlich gewerbsmäßig kurzfristig vermietet werden. Eine Internetrecherche von uns bestätigt, dass es sehr viele Angebote gibt, die alle die Nähe zu Frankfurt betonen. Dies ist ärgerlich, denn bekanntlich ist in Offenbach der Wohnraum knapp.

2018 hatte die SPD, die damals in der Opposition war, einen Antrag zu einer Wohnraumsatzung gestellt. Diese sollte Zweckentfremdung verhindern. Es wurde ein Änderungsantrag angenommen, dass erst mal geprüft werden solle, wieviel Wohnraum durch gewerbliche Vermietung überhaupt entzogen wurde. Ein Jahr später erschien ein Bericht, dass das Problem nicht so groß sei. Inzwischen hat sich die Situation jedoch geändert: Denn Frankfurt hat 2018 eine Ferienwohnungssatzung erlassen. Dies hatte zur Folge, dass viele gewerbliche Anbieter nach Offenbach ausgewichen sind und dass bei uns die Zweckentfremdung daher angestiegen ist.

Daher haben wir eine Ferienwohnungssatzung nach Frankfurter Vorbild beantragt. Es kam dann ein Änderungsantrag der CDU: Man könnte viel Bürokratie vermeiden, wenn man zunächst die zur Verfügung stehenden Mittel des Baurechts einsetzt. Hierfür gibt es schon die AG Leistungsmissbrauch, die bereits Sammelunterkünfte sowie Straftaten wie Mietwucher, Betrug, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit im Fokus hat.

Dies hat uns eingeleuchtet, wir haben also für den Änderungsantrag gestimmt. Wir haben aber auch noch einen Ergänzungsantrag gestellt: Wir wollen, dass auch berichtet wird, ob die Maßnahmen erfolgreich sind.

Die Gegenrede der FDP richtete sich aber gegen unseren Ursprungsantrag und führte ebenfalls die Bürokratie an. Die Rede wurde vorgelesen, als ob es den Änderungsantrag nicht gebe. Die FDP behauptete auch, dass die Zahlen nicht angestiegen seien. Hier steht Behauptung gegen Behauptung.

Die Grünen stellten fest, dass es schon mal einen Antrag der SPD gegeben hatte, als ob sie nicht gemerkt haben, dass das auch in unserem Antrag steht. Er erläuterte dann, dass es eine Koa-Vereinbarung gebe, nach der alle mitziehen müssten, wenn ein Koa-Partner einen Antrag. In diesem Fall sei das der Wunsch der FDP, deshalb müssen die Grünen den Antrag auch ablehnen. Ja, das ist die Koalitionsdisziplin, die bei den Kollegen über der persönlichen Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen steht. „Es wäre besser, dem Antrag zuzustimmen, aber wir richten nicht so viel Schaden an, dass in dieser Stadt dann Sodom und Gomorrah ist. Wir gucken bei den nächsten Wahlen und in der nächsten Koalition, was wir da vereinbaren können und wir werden uns dafür einsetzen, dass die Ferienwohnungssatzung kommt …“. Also Leute, wählt 2026 die Grünen, die versprechen Euch, dass sie nächstes Mal dann aber ganz wirklich und ganz bestimmt für Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum sind! Vorausgesetzt, sie sind dann nicht wieder in einer Koalition mit der FDP. In einer Koa wollen sie aber offensichtlich sein. Man kann 2026 natürlich auch Ofa wählen.

Für unseren Ergänzungsantrag waren neben uns noch die CDU und die Linken, genau wie für den Änderungsantrag der CDU. Für den Ursprungsantrag gab es vier Ja-Stimmen, eine von Helge und Annette und je eine von den Linken und den Freien Wählern.

Fern- und Nahverkehrsanbindungen an Offenbach (3:20:53)

Zu diesem Thema erschien am 02.08.2023 ein ausführliche Artikel auf Bloghaus von Matthias Müller, über die Planung des Frankfurter Fernbahntunnels: Transit City Offenbach droht noch mehr Lärm. Er beginnt mit dem Satz: „Weitgehend unbemerkt wächst in Offenbach ein Risiko für Lebensqualität und Zukunft.“ (Zwei Wochen später wurde der Artikel dann gekürzt und mit veränderter Gliederung auch in der OF-Post abgedruckt.)

In diesem Artikel wird gewarnt, dass die notwendigen und umfassenden Pläne der Bahn, die zur Zeit ausgehandelt werden, möglicherweise nachteilige Folgen für Offenbach haben könnten und dass nicht mehr viel Zeit bleibt, noch einzugreifen. Diese Folgen könnten u.a. sein: Eine Verbreiterung der Bahntrasse, damit dort sechs Schienen nebeneinander Platz finden, sowie sehr hohe Schallschutzwände, nächtlicher Güterverkehr und eine schlechtere Verkehrsanbindung des Nahverkehrs. Eine Alternative wäre die Weiterführung des Frankfurter Fernbahntunnels auch durch Offenbach. Damit könnte man nicht nur Platz gewinnen, es wäre auch viel mehr Flexibilität möglich, was die Anbindung des Nahverkehrs und die schnelle Erreichbarkeit der Verkehrsknoten HBF und Flughafen Frankfurt angeht.

Vor dem Damm in der Bismarckstraße stehen Bäume. Die müssten weg, wenn der Damm auf dieser Seite verbreitert würde,

Hier geht es zu einer Fotostrecke vom Bahndamm.

Wir wissen nicht, wie die Stadt sich bisher für Offenbachs Interessen eingesetzt hat. Was passiert im Verkehrsdezernat hinter verschlossenen Türen? Warum gibt es keine Berichte? Warum keine Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung über Weichenstellung für Offenbachs Zukunft? Was will der Hessische Verkehrsminister Al-Wazir? Was will seine grüne Kollegin Sabine Groß?

Wenn man tatsächlich nur gewartet hat, bis man vielleicht einen Experten eingestellt hat, wäre das ein Skandal, man hätte sich schon längst einmischen müssen! Haarscharf noch nicht zu spät! Das ist Chefsache! Man kann nicht einfach Probleme an Unterabteilungen delegieren!

Wir haben also einen Antrag gestellt, dass die Stadt jetzt handeln muss und sich für die Interessen Offenbachs einsetzen muss. Wir beantragen:

Es geht auch um den Wirtschaftsstandort Offenbach! Offenbach darf nicht abgehängt werden!

Man muss wissen, dass die SPD in der Landesregierung in der Opposition ist. Wir waren deshalb sehr gespannt, wie sie auf diesen Antrag reagieren würde.

Die Grünen hielten eine Rede, in der sie die Notwendigkeit des Fernbahntunnels betonten. Auch die Anbindung Offenbachs sei wichtig. Es sei eine Stelle geschaffen worden, auf der sich eine Fachperson kümmern soll. Dummerweise ist diese Stelle aber nicht besetzt. Und die Zeit läuft davon. Darauf ging der Redner leider nicht ein. Er sagte dann, dass die Grünen den Antrag ablehnen müssten. Wir haben diese Stelle der Rede mehrfach genau angehört (Video 3:31:23), aber wir haben die Begründung für die Ablehnung beim besten Willen nicht verstanden.

Die Linken ergriffen dann das Wort. Sie hatten den Bloghaus-Artikel ganz offensichtlich nicht gelesen, sonst hätten sie sich nicht so erbost, dass wir nicht erklärt haben, bis wohin genau so ein Tunnel gehen soll. Wir könnten jetzt hier nochmal den Artikel referieren, um es den Linken zu erklären, aber der Artikel ist sehr gut und spricht für sich selbst. Der Linken-Redner sprach von „iregendeinem Blog, der irgendwas sagt“: In der Begründung unseres Antrags steht ja, das der Blogartikel Bestandteil ist. Aber es ist sehr mutig von den Linken, sich in völliger Ahnungslosigkeit vorne hinzustellen und aggressive Beschimpfungen rauszuhauen, ohne irgendwelche sachlichen Argumente. Es war „irgendeine Rede, die irgendetwas sagt“. Dieser Redner machte der SPD ernsthaft Konkurrenz, was den Troll-Award 2023 angeht.

Die CDU bedankte sich für den Antrag, war aber der Ansicht, dass man erst ermitteln müsse, welche Positionen für Offenbach die besten wären. Dafür brauche man ab sofort alle Informationen, und am besten einen fraktionsübergreifenden Unterausschuss zum USV, in dem man eine Position für Offenbach gemeinsam erarbeitet. Wir halten dies für eine gute Idee.

Auch die Verkehrsdezernentin Groß ergriff das Wort und meinte, die Nachteile, die wir befürchten, könnten doch stattdessen eine Chance sein. Leider blieb sie dabei vage und erklärte nicht etwas konkreter, warum.

Interessanterweise blieb die SPD stumm.

Und interessanterweise fand am folgenden Tag eine SPD-Wahlkampf-Veranstaltung der Landtags-Kandidatin Nadine Gersberg statt. Sie hatte den Autor des Bloghaus-Artikels, Matthias Müller, eingeladen. Anwesend waren auch einige Experten von Pro-Bahn, die sich mit den Plänen gut auskannten. Die Diskussion bestätigte, dass dringendes Handeln erforderlich ist und mehr Transparenz geschaffen werden muss. Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende war anwesend und wiederholte den CDU-Vorschlag einer Arbeitsgruppe, allerdings mit dem klitzekleinen Unterschied, dass ihre Arbeitsgruppe nicht fraktionsübergreifend, sondern nur mit den Koa-Fraktionen gebildet werden soll. Hinterzimmer, ick hör dir trapsen!

Grundstückserwerb Nordring (4:50:50)

Nordring 150, Karte: Openstreetmap

Die TOPs Grundstückerwerb am Nordring und Bebauung am Kaiserlei wurden gemeinsam verhandelt. Die Magistratsanträge (TOPs 23 und 26) haben uns stutzig gemacht, zugegebenermaßen erst, als wir im USV dazu Fragen der CDU gehört haben, auf die es nur unbefriedigende Antworten gab. Es geht darum, dass die Stadt 2018 das Grundstück Nordring 150 an einen Investor verkauft hat, mit der Auflage, dass der dort einen Park anlegt. In diesen Anträgen kauft die Stadt die Grundstücke jedoch zurück und plant zudem, den Park auf eigene Kosten selbst anzulegen. Das ist ein finanzieller Verlust für unser armes Stadtsäckel und uns Steuerzahler. Der Magistrat war nicht in der Lage, eine plausible Erklärung für diesen Vorgang abzugeben. Es steckt also etwas dahinter, was wir nicht verstehen. Hat es damals bei der Berechnung des Verkaufspreises einen Fehler gegeben? Das ist die Vermutung der CDU. Warum wird die Anlage des Parks jetzt von der Stadt übernommen und nicht vom Investor? Auch die Höhe der Investitionskosten ist nicht erläutert oder belegt.

Die Antwort der Grünen auf diese Rede ging aber an den Bedenken der CDU vorbei: Es sei doch wunderbar, dass dort eine Grünfläche geschaffen wird, deshalb, so die Rednerin, sei sie „irritiert“ über die CDU-Rede. Wir haben uns die im Stream noch mal angehört: Von einer Opposition gegen einen Park war dort wirklich nicht die Rede. Niemand hat was gegen einen Park, im Gegenteil. Im städtebaulichen Vertrag mit dem Investor stehe, dass gemeinsam der Park geschaffen wird. Und es sei doch wunderbar, dass es jetzt eine Anschubfinanzierung gibt. Das klärt aber nicht die Frage, warum auf einmal ein Rückkauf mit finanziellen Verlusten für die Stadt nötig ist, und warum der Investor das nicht übernimmt.

Die Linken, die die mehrjährige Geschichte dieses Projekts auch schon länger kennen, merkten an, dass doch auch noch eine Tiefgarage geplant war, die in der Diskussion jetzt auf einmal verschwunden ist. Die würde aber demnächst wieder auftauchen und dabei handele es sich um ein weiteres Problem.

Dann sprach auch die SPD: „guter Tag für Offenbach“, „ein Schritt voran“, „Megaprojekt der Entwicklung des Kaiserlei“, „Gewerbegebiet von eurozentraler Bedeutung“, „unsere großen Erfolge der Ansiedlungen in letzter Zeit“, „das Wohl und Wehe unserer Finanzen hängt davon ab, ob wir das Gewerbegebiet entwickeln“, „in dem einen oder anderen Punkt noch Bedarf an Diskussion und Nachsteuerung“, „aber alternativlos“, „Leuchtturmprojekt“, „Niveau einiger Redebeiträge heute abend…“ (Kritik an der Regierung hält die SPD für „schlechtes Niveau“), „dass der von uns sehr gewünschte Park am Nordkap auch tatsächlich realisiert werden kann…“ (die Frage war aber, warum man dafür das Grundstück wieder zurückkaufen muss und warum das nicht schon mit dem Kaufvertrag 2018 in trockenen Tüchern war), „wir als Stadt übernehmen die Verantwortung und sichern uns die Hoheit wieder“ (und warum nicht gleich so? Warum wurde das Grundstück überhaupt verkauft und nicht gleich die Planung des Parks von der Stadt übernommen?)

Herumeiern (Pixabay)

Es sei erklärt worden, dass wir uns bei der Rückübertragung noch „in einem Prozess befinden“, „notwendiger Zwischenschritt, um hier weiterzukommen“, und (jetzt wird es etwas interessanter:) „Interessenausgleich mit einem anderen Investor, der IPK, die in gewisser Weise die Entwicklung des Gebiets dort verzögert auch vor Methoden nicht zurückgeschreckt hat, die alles andere als stuberein waren“.

Also zusammengefasst: Das Projekt sei ganz großartig, Kritik daran sei „schlechtes Niveau“, wir hatten Ärger, was genau ist egal. Irgendwie musste der Ärger repariert werden, egal wie, aber jetzt wird alles gut. Warum überhaupt damals verkauft wurde und warum der Investor dann doch keinen Park anlegt, wissen wir leider nach wie vor nicht, obwohl dieser Investor nicht derjenige ist, der den Ärger gemacht hat. Hat er nun Ärger gemacht oder nicht? Wo dann das Parkhaus hinsoll, ist auch unklar.

Helge erklärte noch mal, dass wir außerstande waren, die 2051 Seiten für die Bebauungspläne am Kaiserlei, die wir erst zwei Tage vorher in brauchbarer Form bekommen haben, so zu studieren, dass wir verantwortungsvoll darüber abstimmen können. Wir würden uns daher enthalten. Er bezweifelte auch, dass die anderen Kolleginnen und Kollegen diese Unterlagen überhaupt angeschaut haben. Die Grünen erhoben den Zeigefinger und verwiesen darauf, dass diese Unterlagen doch schon im Januar zur Verfügung gestellt worden waren (nicht öffentlich), und man das doch nur vergleichen müsse („kleiner Tipp“). Leider vergaßen sie zu erwähnen, dass die Unterlagen auch schon im Januar nicht maschinenlesbar waren und es damals leider keinen Ersatz gegeben hat. Aber wen kümmern schon solche Spitzfindigkeiten. Da fällt ein Vergleich dann schwer. Annette wies dann darauf auch noch mal hin.

Die CDU betonte noch mal, dass sie das Bauvorhaben gut findet und überhaupt nichts dagegen hat. Nur sind leider die Fragen nicht hinreichend beantwortet worden- Und es ist aber die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen. Und auch heute hören wir nichts Erhellendes.

OB Schwenke ergriff noch mal das Wort und jubelte über das tolle Projekt. Behauptete dann, es seien im HFDB keine Fragen gestellt worden. Auf den USV ging er nicht ein. Ein öffentlicher Park müsse in öffentlicher Hand sein. Außerdem werde nur ein Grundstück zurückgekauft, das andere werde neu gekauft (Warum hat die Stadt dann das eine Grundstück überhaupt verkauft????). Der Beitrag brachte aber auch keine neuen Erkenntnisse.

Später sagte er, dass die Auflage, einen Park zu errichten, rechtlich nicht verbindlich gewesen sei.

So, dieser Bericht ist mal wieder länger geworden. Aber er dient uns auch als Material und Archiv zum späteren Nachlesen. Übrigens nehmen wir gerne Leserbriefe entgegen und veröffentlichen die auch.