22.06.2023

Kurze Tagesordnung, lange Redebeiträge: Dieses Mal nur fünf Stunden

ein Opel-Rekord

Es ist Sommer und heiß! Da wird weniger gearbeitet und so war die Tagesordnung in dieser Sitzung sehr kurz, nur 18 Punkte! Das ist ein neuer Rekord in dieser Wahlperiode. Aber wie immer haben einige Kollegen, nicht Kolleginnen, wieder sehr lange das Wort ergriffen. Trotzdem waren wir schon gegen 22:00 fertig, haben also nur 5 Stunden gebraucht, was wieder ein Rekord ist.

Es gab auch wieder einen Live Stream und auch einen Live-Ticker. Wir empfehlen wie immer, das Video herunterzuladen, damit man auch später Behauptungen über frühere Sitzungen überprüfen kann. Noch mal zum mitschreiben für eine Koa-Fraktion: Wir dürfen das! Und Ihr, liebe Leserinnen und Leser, dürft das auch. Es handelt sich dann um eine Privatkopie, die man selbst nutzen kann, aber nicht veröffentlichen darf. Es gilt deutsches Recht, auch wenn Youtube vielleicht etwas anderes behauptet. Das Herunterladen für’s spätere Nachschauen ist gut für die Ehrlichkeit in der Politik, aber natürlich schlecht für diejenigen, die gerne Dinge behaupten, die sich nicht nachprüfen lassen. Natürlich wäre es besser, wenn die Videos dauerhaft angeboten würden. Auch sind wir der Meinung, dass sie im Stadtarchiv aufbewahrt werden sollten. Dort gibt es einen historischen Schatz, der bisher nur aus Papier besteht. Im Zeitalter der Digitalisierung sollte die Vielfalt der Aufbewahrungsmedien bald erweitert werden.

Noch eine Bemerkung zum Stream: Zwischendurch war einige Zeit der Ton weg, was bei einigen Zuschauern und Zuschauerinnen, die in unserem internen Ofa-Chat mitdiskutiert hatten, Stress ausgelöst hat. Auch auf Facebook haben sich Leute beschwert. Im zweiten Teil des Videos war im Hintergrund auch das Reden des Stadtverordnetenvorstehers zu hören, da war in der Technik wohl ein Mikro-Eingang nicht heruntergedreht worden.

Und es wäre wirklich wünschenswert, wenn in Zukunft Sprungmarken ins Video eingepflegt würden. Das ist ein einfach zu bewerkstelligender Service und erleichtert das Zurechtfinden, siehe unseren Bericht von der 19. Sitzung.

Wir berichten wieder selektiv, wenn auch nicht so selektiv wie die Presse. Aber vielleicht gibt es ja auch Berichte der anderen Fraktionen, außerdem das Video und den Liveticker. Und nun viel Spaß beim Lesen!

Förderung von Passivem Schallschutz nach der neuen Lärmkartierung 2022 (Video ab 1:56:43)

Diesen Antrag haben wir ja schon in einem Blogbeitrag erklärt, deshalb hier eher kurz: Alle fünf Jahre wird der Fluglärm rund um den Frankfurter Flughafen neu berechnet. Und bei der neuen Berechnung 2022, mit einer moderneren Methode, kam heraus, dass die Lärmwerte bisher zu niedrig ermittelt worden waren. Aus diesem Grund ist Offenbach auch bei der früheren Förderung von Schallschutzmaßnahmen fast leer ausgegangen. Nach den neuen Berechnungen lag fast unser ganzes Stadtgebiet in dem Bereich, in dem man Zuschüsse für Schallschutzmaßnahmen beantragen konnte.

Die frühere Förderung ist im Übrigen ausgelaufen. Wir wollen die Chance der neuen Lärmkartierung nutzen und finden, die Stadt sollte sich für einen neuen Fördertopf stark machen, mit einem Fördergebiet, das sich nach den neuen Berechnungen richtet.

Annette hat den Antrag vorgestellt, wieder mal, wie auch schon in früheren Sitzungen, unterbrochen durch Lärm aus der ersten Reihe der SPD. Liebe SPD: Vielleicht wisst Ihr nicht, dass Eure Zwischenrufe weder der Rednerin noch dem Publikum verständlich sind. Oder ist Verständlichkeit auch nicht der Zweck Eures Herumschreiens?

Die Koa hatte einen Gegenantrag eingebracht, der nur aus Forderungen an die Bundesregierung bestand. Den Ausdruck „sich einsetzen für“ vermied er. Auch ist nicht ein einziges Mal die Rede von der neuen Lärmkartierung.

Karte mit em Stadtgebiet und den eingezeichneten Bereichen über 55-60 dB von 2017 und 2022
Hier haben wir für die bessere Lesbarkeit die Karte von Openstreetmap genommen und das Stadtgebiet und die beiden Zonen von 2017 und 2022 eingezeichnet, in denen der Lärm nach der Lärmkartierung über 55-60 dB liegt.



Der erste Gegenredner kam von der SPD. Er gab uns recht, dass der Flughafen und der Staat sich stärker an mehr Lärmschutzförderung beteiligen sollten. Allerdings sprach er nur davon, dass die frühere Richtlinie nicht mehr hergibt. Ja, das ist doch genau der Grund, warum wir diesen Antrag gestellt haben.

Herr Dezernent Weiß erklärte, dass die Lärmkartierung nichts mit Ansprüchen zu tun habe. Ja, auch wir sehen das so und haben nie etwas anderes behauptet. Genau deshalb haben wir den Antrag gestellt, damit die Lärmkartierung und die Ansprüche in Zukunft etwas miteinander zu tun bekommen werden. Der Dezernent versuchte jedoch, das Berechnungsverfahren schlecht zu reden und erklärte, dass man die Berechnungsparameter noch mal überprüfen müsse. Diese beruhen allerdings auf einer EU-Richtlinie. Immerhin gab er zu, dass er die Details des Berechnungsverfahrens nicht kenne. Auf der Webseite der Lärmkartierung steht nur, dass man noch mal nachmessen will, ob die Berechnungen plausibel sind, was bei Berechnungen aller Art ein übliches Vorgehen ist. Für die Überprüfung des Verfahrens selbst scheinen sich einige einzusetzen, denen die Ergebnisse der neuen Lärmkartierung nicht passen.

Trotzdem sind die Werte schon mal veröffentlicht, und deshalb lassen sie sich unserer Ansicht nach gut als Argument für Verhandlungen nutzen.

Herr Weiß will, wie er erklärte, zwar zu besserem Lärmschutz kommen, aber das ginge nur über ein neues Bundes-Fluglärmschutzgesetz. Da haben wir nichts dagegen und unserer Meinung nach hätte der Änderungsantrag einen wunderbaren Ergänzungsantrag geben können. Der Verursacher solle zahlen. Ja, genau. Das Schutzniveau solle erhöht werden. Ja, genau, wäre schön. Man solle auf ein freiwilliges Programm drängen. Ja, das steht doch in unserem Antrag. Wir wollen ja schon mal Verhandlungen für einen neuen Regionalfonds! Warum das nur gehen kann, wenn es ein neues Bundesgesetz gibt, will uns nicht in den Kopf.

Zum Schluss wurde aber doch deutlich, warum der Herr Dezernent auf keinen Fall etwas mit der neuen Lärmkartierung zu tun haben will: Diese könnte womöglich in einem Bundesgesetz verrechtlicht werden. Stattdessen will er ein Gesetz, das eher die Schwelle für die Förderung senkt. Sonst bringe das nur Restriktionen für die Kommunen, die sich dann „nicht mehr entwickeln“ dürften. Es bringe sonst aber keine Vorteile. Dieses Argument verstehen wir nicht, denn die Vorteile haben wir doch lang und breit erklärt und man sieht sie sofort, wenn man die Karte oben betrachtet. Es ist aber auffällig, wie unauffällig er dieses Argument bringt, nämlich erst am Schluss nach mehreren Reden. Soll die Lärmkartierung etwa gar nicht bekannt werden?

Aber natürlich ist uns schon klar, was mit „nicht mehr entwickeln“ gemeint ist: Nach der neuen Kartierung liegt nämlich auch das geplante Baugebiet in Bieber-Waldhof im Bereich mit Lärm über 55-60 dB. Und eine weitere Bebauung hat für die Koa nun mal eine höhere Priorität als Lärmschutz für die Stadt. Das hätte er auch gleich sagen können, dann hätte man sich viel lange Redezeit erspart.

In der Abstimmung haben nur einige der CDU-Kolleginnen und -Kollegen und wir gegen den Änderungsantrag gestimmt (sichtbar im Video, 2:21:59), alle anderen waren dafür (sichtbar im Video, 2:21:56). Damit war unser Ursprungsantrag vom Tisch.

Aktueller Stand der Beschlussumsetzungen (Video ab 2:22:13)

Nicht nur wir, sondern auch die Freien Wähler beklagen die Verzögerungen der Antworten auf Anfragen. Genau wie bei uns gibt es oft nicht mal mehr eine Bitte um Verlängerung. Sie haben deshalb das Thema auf die Tagesordnung gesetzt (TOP10, TOP11). In ihren Anfragen wollten sie pauschal wissen, welche Beschlüsse aus den Jahren 2021 und 2022 umgesetzt worden sind und wie weit die Umsetzung gediehen ist. Darunter sind auch die Beschlüsse, die auf Änderungsanträge von unseren Anträgen zurückzuführen sind (siehe Liste unserer Anträge). In der Rede der Freien Wähler kam uns vieles bekannt vor: Es sei unser Recht und unsere Pflicht als gewählte Vertreter, nachzufragen und Antworten zu bekommen. Es fehle der Respekt vor dem höchsten demokratischen Organ der Stadt, der Stadtverordnetenversammlung. Ja, das sehen wir genauso, wir hatten ja auch schon zweimal verschleppte Anfragen auf die Tagesordnung setzen lassen, 2021 hier und 2022 hier.

Paul Collier, Wirtschaftswissenschaftler. Bild: World Economic Forum, CC BY-SA 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons

Wir waren gespannt auf die Antwort, die dann vom OB Schwenke kam. Er stellte klar, dass wir, die Stadtverordneten, eigentlich die Schuldigen seien, weil wir dem Magistrat nicht genug Geld zur Verfügung stellen. Daher dürfe man nicht erwarten, dass Anfragen schnell beantwortet würden, man müsse dann gar nicht „so ein Schattenboxen“ veranstalten. Aha, das war aber auch dumm von uns, nicht mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Und die Erwartung, mal eine Bitte um Verlängerung zu erhalten oder gar eine ehrliche Antwort zu erhalten, wenigstens so etwas wie „Aus Zeit- und Geldmangel verzögern sich die Antworten und erst recht die Umsetzung von Beschlüssen“ ist ja dann wohl zuviel verlangt! Denn um solche Antworten zu schreiben, werden wichtige Kapazitäten gebunden. Ja, die Zeit für so einen Brief ist wirklich zu viel! Wie unverschämt von der Opposition, hier auf ihre demokratischen Rechte und Respekt zu pochen!

„Selbstverständlich hat der Magistrat den größten Respekt von der Stadtverordnetenversammlung, da braucht man gar nichts anderes zu behaupten und auch keine Vermutungen in die Welt zu setzen.“ „Selbstverständlich hat die Stadtverordnetenversammlung das Recht, so viele Anfragen zu stellen, aber wir brauchen doch kein Kasperletheater zu spielen“. Ja, an dieser Wortwahl kann man den großen Respekt des Oberbürgermeisters für die demokratischen Regeln erkennen! Die Zeit Anfragen zu beantworten, scheint die Opposition auch kollossal zu unterschätzen, so dumm! „Zeit ist nicht teilbar, das ist physikalisch so, der Magistrat ist nicht auf einem Zauberlehrgang gewesen …“. Mit anderen Worten, die Zeit, die man braucht für die Antwort, dass noch nichts passiert ist, ist auch schon zu viel verlangt. „In aller Demut“ meint der OB, „wenn man schon so Dinger loslässt“, „wenn es wirklich wichtig ist“, „nicht nur Beschäftigungstherapie“ …

Pieter Brueghel – Superbia


Später empörte er sich noch einmal, dass doch schon so Vieles passiere, und „es war ja sogar in der Hessenschau! Wo ist der Vorteil, zusätzlich dazu noch mal einen Bericht zu schreiben, wenn es doch sogar im Fernsehen gewesen ist?“ So ein Mist, Leute, schaut mehr Hessenschau, damit Ihr was mitkriegt, verlasst Euch nicht auf das PIO. „Sie haben natürlich recht, das ist formal Ihr gutes Recht, nur wo ist der Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger?“. Diese Frage steht ihm nicht zu! Liebe Bürgerinnen und Bürger, seht Ihr Vorteile, wenn berichtet wird, was im Rathaus passiert und was nicht passiert? Oder seid Ihr alle so demokratiemüde, dass Euch das egal ist? Oder müssen wir der SPD die Bedeutung von Demokratie, Transparenz und Berichten noch mal erklären?

Es spielt keine Rolle, ob die SPD eine Frage nützlich findet oder nicht. Oder ob sie unterstellt, dass es nur um eine Prinzipienfrage geht. Die SPD versucht, das Recht auf Beantwortung von Anfragen wegzudiskutieren, und damit die Demokratie selbst. Dazu hat sie kein Recht!

Leider ist zwischendurch für längere Zeit der Ton weg gewesen.

Es gab dann noch viele Wortmeldungen: Die Opposition pochte auf ihr Recht auf schriftliche Antworten, die Koa insistierte, dass man doch darauf verzichten könne, weil man doch auch im Ausschuss mündlich nachfragen könne und unnötige Arbeit vermeiden würde. Annette hat auch noch mal das Wort ergriffen und bestritten, dass Antworten viel Zeit benötigten, vorausgesetzt natürlich, dass sie ehrlich seien und man nichts erfinden müsse. Wie immer wurde ihre Rede wieder vom Zwischengeschrei des besagten SPD-Kollegen aus der ersten Reihe unterbrochen, wie immer laut störend, aber unverständlich.

So schlimm ist es in Offenbach noch nicht: Schlägerei im Kongressgebäude der USA 1798



Ja, dass die Demokratie ihn nervt, das hat der Herr Oberbürgermeister ja schon früher bei vielen Gelegenheiten deutlich gemacht. Die praktizierte Demokratie, nämlich Transparenz und Anfragen, nerven ihn noch mehr, und die ganze Opposition nervt sowieso. Ob ihn auch die Koa- oder Partei-Kolleginnen und -Kollegen nerven, wagen wir nicht zu beurteilen.

Leider werden Anfragen und Antworten nicht im PIO veröffentlicht. Ein entsprechender Antrag von uns wurde ja leider abgelehnt. Wir empfehlen aber den Kolleginnen und Kollegen, ihre Anfragen und die Antworten dazu selbst zu veröffentlichen. Unsere findet man hier: Anfragen. Für diese interessieren sich zumindest die Bürger und Bürgerinnen.


Richtlinien zur Wahlsichtwerbung (Video ab 3:28:57)

Beim nächsten Antrag handelt es sich um eine Neufassung der Wahlsichtwerbung. Ursprünglich war die Neufassung eine Initiative der vier Oppo-Fraktionen Ofa, CDU, Freie Wähler und Linke, denn im Wahljahr 2021 wurde Offenbach von einer Plakatflut überschwemmt, die die Leute nur noch genervt hat. Leider ist der jetzige Entwurf nicht geeignet, die Plakatflut einzudämmen, er reduziert nur die Gesamtzahl der Standorte. Begrenzungen für die Parteien sind nicht vorgesehen. Die CDU hat einen Änderungsantrag eingebracht, der genau das möchte: Für jede Wahl und jede Partei oder Wählervereinigung nur 200 Standorte. Das finden wir sehr sinnvoll, und so haben wir uns selbst verpflichtet, die Zahl unserer Standorte entsprechend zu begrenzen. Mehr dazu haben wir schon hier geschrieben. Wir fordern alle anderen Parteien auf, sich ebenfalls zu beschränken.

Es entspann sich wieder eine lange Debatte. Alle Parteien sind schon in den Startlöchern für die kommenden Wahlkämpfe: OB- und Landtagswahlen. Das Argument der Koa war, dass man die Zahl der Plakate nicht kontrollieren könne. Das Gegenargument, dass man doch Aufkleber ausgeben könnte und Plakate ohne Aufkleber nicht gültig seien, wollten sie nicht akzeptieren. Die könne man abmachen, wenn man eine andere Partei ärgern will. Das Gegen-Gegenargument, dass es Aufkleber gebe, die nicht abgehen, haben sie nicht beachtet. Hat die Koa vor, wieder massiv zu plakatieren?

Es gab dann noch weitere Wortmeldungen und einen zehnminütigen Vortrag über „Babberln, Babberln, Babberln,“ die man nicht überprüfen könne, ein neues Argument kam jedoch nicht. Was die Überprüfung angeht: Es gibt noch viel mehr Autos als Plakate in der Stadt und trotzdem müssen alle PKW ein Nummernschild haben. Jeder sieht sofort, ob ein Fahrzeug eins hat oder nicht. Natürlich kann man die auch fälschen, so wie auch „Babberln“ oder Geldscheine. Aber welche Partei würde das machen?

Der Änderungsantrag wurde abgelehnt und die Koa bekam ihren Willen. Wir werden also wieder eine Plakatflut bekommen, aber wir von Ofa werden da nicht mitmachen und uns auf 200 Standorte beschränken.


Begleitausschuss der „Partnerschaft für Demokratie“ (Video ab 4:43:53)

Der letzte Punkt auf der Tagesordnung war wieder ein Demokratie-Thema, nämlich unser Antrag zu einer demokratischen Besetzung des Begleitausschusses für die „Partnerschaft für Demokratie“.

Annette stellte den Antrag vor. Wir hatten in unserem Ofa-Chat Wetten abgeschlossen, ob es wieder zu Pöbeleien kommen würde, aber der ungezogene SPD-Kollege war nicht an seinem Platz.

Die Partnerschaft für Demokratie wird gefördert durch ein Bundesprogramm. Dieses stellt den Kommunen einen beträchtlichen Fonds zur Verfügung, mit dem sie lokale Projekte zur Demokratie fördern kann. Über die Auswahl zu fördernder Projekte und die Vergabe von Geld soll ein Begleitausschuss entscheiden. Laut Fördergrundsätzen des Bundesprogramms soll sich dieser zusammensetzen aus

Gefördert werden können viele Projekte, die sich mit Demokratie vor Ort beschäftigen, insbesondere

Hier kann man mehr über das Bundesprogramm nachlesen.

Wir finden dieses Programm sehr wichtig und großartig und wir freuen uns, dass Offenbach beteiligt ist.

Broschüre, die die Partnerschafen genauer erläutert

Allerdings sehen wir einen Haken: Die Mitglieder des Begleitausschusses tragen eine große Verantwortung, denn sie sollen Geld verteilen. Die in den Förderrichtlinien vorgeschlagene Zusammensetzung, bei der die Mehrheit der Mitglieder Handlungsträger der Zivilgesellschaft sind, finden wir richtig. Leider wissen wir in Offenbach nicht, wer das ist und wer sie ernannt hat. Sind sie von verschiedenen Vereinen und Initiativen vorgeschlagen worden? Haben sie sich selbst gemeldet? Hat sie jemand aus der Verwaltung ernannt? Und wer ist das? Wieviele Mitglieder hat das Gremium? Welche Vereine und Initiativen vertreten sie? Wie arbeitet das Gremium? Wer entscheidet, ob jemand, der gerne dabei sein will, auch Mitglied wird? Gibt es Kriterien für die Entscheidungen? Das ist in Offenbach leider alles völlig unklar, aber es sollte für alle Bürgerinnen und Bürger transparent sein. Der unbekannte Mensch in der Verwaltung, der den Begleitausschuss eingesetzt (oder benannt oder berufen) hat, hat jedenfalls viel Macht, die Zusammensetzung des Gremiums zu steuern. Und das Gremium hat viel Einfluss auf Projekte. Immerhin sind bis zu 138.889,00 Euro zur Verfügung gestellt worden

Aber gerade wenn es um Stärkung von Demokratie gehen soll, sollten alle diese Fragen im Vorfeld geklärt sein. Der Begleitausschuss sollte darüberhinaus demokratisch legitimiert sein, damit der Sinn des Projekts „Demokratie stärken“ konsequent verfolgt werden kann und das Projekt auch glaubwürdig ist.

Auch der Kulturausschuss vergibt Fördergelder und dessen Mitglieder sind demokratisch durch die Stadtverordnetenversammlung legitimiert. Viele dieser gewählten Mitglieder sind „sachkundige Bürger“, und das ist gut so.

Wir haben deshalb mal geschaut, wie es in anderen Kommunen so läuft. Die Begleitausschüsse vieler Kommunen haben zumindest eine Geschäftsordnung. Diese variieren stark, was die Zusammensetzung der Mitglieder angeht, die Transparenz der Beschlüsse und den Modus, wie die Mitgliederzusammensetzung zustande kommt. Sie werden, je nach Kommune, „berufen“, „mandatiert“, „ernannt“, „entsendet“ oder „gewählt“. Eine Kommune, in der gewählt wird, ist Bautzen. In der dortigen Geschäftsordnung heißt es:

Der Begleitausschuss soll die Stadtgesellschaft wiederspiegeln und setzt sich aus verschiedenen Vertreter*innen aller Stadtratsfraktionen, Institutionen, Netzwerken und zivilgesellschaftlicher Akteure zusammen. Die Wahl des Begleitausschusses erfolgt durch den Stadtrat.

So etwas Ähnliches stellen wir uns auch vor und deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Wir wollen gar keine andere Zusammensetzung des Begleitausschusses, aber wir wollen eine transparente und demokratische Legitimierung.

Der erste Redner gegen den Antrag kam von den Linken. Leider war seine Argumentation gespickt mit falschen Unterstellungen: Nein, wir wollen keine „rein parteipolitische Wahl“. „Benennen“ findet er falsch. Ja, wir doch auch, wir wollen wählen. Und nein, wir wollen den jetzigen Begleitausschuss nicht „bombardieren“, wir wollen dass der Magistrat einen Vorschlag für eine Satzung mit demokratischer Legitimation des Begleitausschusses vorlegt. Und wenn das Gremium gewählt würde, würde es gleich „parteipolitischen Interessen unterliegen“. Das ist uns neu, wir wollen ja gar keine andere Zusammensetzung. Jetzt unterliegt das Gremium einer Verwaltungsabteilung, die es unter unbekannten Kriterien zusammengestellt hat. Die „Neutralität“ ist also besser gewahrt, wenn dies so intransparent und nicht demokratisch legitimiert bleibt? „Die demokratische Legitimierung macht die Arbeit des Gremiums nicht automatisch demokratischer“. Das haben wir nie behauptet, und darum geht es überhaupt nicht. Die Zusammensetzung wollen wir auch gar nicht ändern, außer, dass wegen der Transparenz noch ein paar Stadtverordnete hinzukommen könnten. Er findet es auch problematisch, dass die „Verwaltung jemanden entsendet“. Nun, das steht in den Bundesförderrichtlinien, und dagegen haben wir nichts, solange es sich um Personen mit Sachkenntnis handelt. Bei dieser handelt es sich um eine Aneinanderreihung klassischer Strohmänner, eine alte Tradition der Reden in unserer Stadtverordnetenversammlung.

Nunja, unser Demokrativerständnis ist schon ein etwas anderes als das der Linken, die ja auch nicht gerade eine demokratische Geschichte haben …

Danach sprach dann noch Rechtsaußen, der Linksaußen lobte und dann mit Beschimpfungen fortfuhr.

Übrigens ist dies nicht unser erster Antrag, bei dem es um die demokratische Legitimierung bei der Vergabe von Geld geht, ein früherer war zur Vergabe des Kulturstipendiums, ein noch früherer zu Spenden und Sponsoring der städtischen Gesellschaften.

Ein Grüner stimmte mit uns dafür, die anderen dagegen. Wir wundern uns ein wenig über einige Kollegen, dazu ein Kommentar aus unserem Chat: „Schon interessant: Stundenlang Aufregung, dass der Magistrat nicht transparent auf Anfragen antwortet, aber ein Begleitausschuss soll intransparent arbeiten …“

Kurzbemerkungen zu einigen weitere Anträgen