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Das Logo von startHAUS

Steffen Faust, Sprachdozent im startHAUS Offenbach, kennt die Realität in den Klassenzimmern gut. Tagtäglich unterrichtet er Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nach Deutschland gekommen sind – mit einem gemeinsamen Ziel: die deutsche Sprache zu lernen und sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Das Angebot im startHAUS reicht dabei von klassischen Integrationskursen über Berufssprachkurse bis hin zu spezialisierten Fördermaßnahmen. 

Das folgende Interview mit ihm und seinem Kollegen Max Drexler entstand im Rahmen eines Treffens mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), bei dem die Frage nach der Zugänglichkeit von Sprachkursen für zugewanderte Arbeitskräfte im Raum Offenbach aufkam. Wie leicht können Interessierte passende Kurse finden? Und welche Hürden gibt es? Im Gespräch mit Steffen Faust wurde schnell deutlich, wie offen das System tatsächlich ist. 

Zielgruppe und Zusammensetzung 

Die Kurse richten sich an alle Lernende, unabhängig von Alter, Herkunft oder Vorbildung. Die Gruppen sind in der Regel stark heterogen: Junge Teilnehmende, die direkt aus dem Schulsystem kommen, sitzen neben älteren Menschen mit Berufserfahrung oder akademischen Hintergrund. Faust beschreibt: „Das reicht von 17-jährigen Schulabgängern bis hin zu promovierten Erwachsenen“. Auch die Herkunft der Teilnehmer*innen ist komplett durchmischt. 

Kursarten und Inhalte 

Es werden im Wesentlichen zwei Kursformen unterschieden: 

1. Integrationskurse (IK): 

Diese, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geförderte Kurse bestehen aus: 
– einem Sprachkurs mit bis zu 600 Unterrichtsstunden 

– einem Orientierungskurs (100 Stunden), der politische und gesellschaftliche Grundlagen Deutschland behandelt und auf den Einbürgerungstest vorbereitet. 

2. Berufssprachkurse (BSK):

Diese Kurse setzen häufig nach dem Integrationskurs an und dienen dem Spracherwerb für den Arbeitsmarkt. Die Teilnehmer benötigen eine sogenannte Berechtigung zur Teilnahme, die z.B. vom Jobcenter oder Arbeitgeber beantragt werden kann. 

Die Einstufung erfolgt über einen obligatorischen Test, der das passende Sprachniveau ermittelt. So können auch Fortgeschrittene direkt in höhere Module einsteigen. 

Kosten und Finanzierung 

Die Kurse sind einkommensabhängig geregelt:

– wer z.B. Bürgergeld oder Arbeitslosengeld II bezieht oder unterhalb einer Einkommensgrenze von derzeit etwa 2.600 € brutto monatlich liegt, nimmt kostenfrei teil. 

– Bei Vorlage der Berechtigung bzw. Verpflichtung werden die Kurskosten anteilig oder ganz vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge übernommen.

– Prüfungsbesteher erhalten auf Antrag einen Teil der Gebühren zurückerstattet

Zugang und Erreichbarkeit der Kurse 

Die wichtigste Anlaufstelle für Interessierte ist das sogenannte BAMF-Navi, ein Online-Portal des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Es ermöglicht eine gezielte Suche nach INtegrations- und Berufssprachkursen im gewünschten Umkreis. Hier lassen sich: 

1. Kursformate (z.B. Berufssprachkurse, Orientierungskurse)

2. freie Plätze 

3. Unterrichtszeiten (z.B. Abendkurse für Berufstätige) 

4. Anbieter in der Region 

einsehen. 

Steffen Faust weist jedoch darauf gin, dass die Erreichbarkeit nicht nur technisch, sondern auch praktisch gedacht werden muss. „Es geht nicht nur um die Information – die Menschen müssen sich auch verstanden fühlen, unkompliziert Zugang finden und die Formulare verstehen.“ 

das Gebäude des Starthauses in der Pirazzistraße
Das Gebäude des startHaus in der Pirazzistraße

Herausforderungen im Unterricht 

Sprachlich stellen bestimmte Themen die Lernenden immer wieder vor große Probleme. Artikel und Kasus bleiben laut Faust die „Endgegner“. Aber auch inhaltlich gibt es Herausforderungen, z.B. bei der Vermittlung grammatikalischer Strukturen oder beim Umgang mit sehr unterschiedlichen Lerngewohnheiten. 

Digitalisierung und Infrastruktur 

Der Unterricht in Offenbach ist größtenteils präsentisch organisiert. Im startHAUS stehen Smartboards zur Verfügung, digitale Lehrwerke werden vereinzelt genutzt. Die Pandemie hat zwar einen Schub gegeben, doch viele Teilnehmende bevorzugen den direkten Kontakt im Klassenzimmer. Rein virtuelle Formate sind eher eine Ausnahme. 

„Jobturbo“ – ein theoretisches Modell mit praktischen Hürden

In jüngerer Zeit ist auch das Projekt „Jobturbo“ in der Diskussion, das berufssprachliche Förderkurse ermöglichen soll. In der Praxis, so Faust, seien diese Angebote jedoch schwer umsetzbar: zu geringe Stundenkontingente (nur 100-150 Stunden), geringe Honorare für Lehrkräfte, fehlende Infrastruktur und wenig Planbarkeit. „Es klingt gut, aber es funktioniert selten“, so seine Einschätzung. 

Rückmeldungen aus der Praxis: „Das war ganz einfach!“

Im Anschluss an das Gespräch mit Steffen Faust und Max Drexler gab es die Gelegenheit, mit Teilnehmer*innen der Sprachkurse zu sprechen. Dabei sollte noch genauer auf die Debatte der Erreichbarkeit eingegangen werden. Jedoch waren die Rückmeldungen einhellig. Der Weg in den Kurs war für alle unkompliziert. Viele berichteten, dass sie sowohl durch das Internet als auch durch andere Wege auf die Angebote des startHAUS aufmerksam wurden. Auch sonst kam lediglich positives Feedback von den Teilnehmer*innen: die Kurse wären interessant, lehrreich und engagiert geführt. 

Fazit 

Die ursprüngliche Kritik der „schweren Erreichbarkeit der Sprachkurse“ der IHK wurde mit den geführten Gesprächen begraben. Sie sind leicht aufzufinden, über die verschiedensten Webseiten und Navigatoren. Die Sprachkurse im startHAUS Offenbach zeigen, wie vielschichtig die Aufgabe der sprachlichen und gesellschaftliche Integration ist. Es geht nicht nur um das Erlernen von Vokabeln und Grammatik, sondern um das Zusammenbringen verschiedenster Lebensrealitäten – und um die Möglichkeit, neue Perspektiven zu gewinnen.

Es folgen weitere nützliche Informationsquellen: 

https://bamf-navi.bamf.de/de ➔ das BAMF-Navi, bei dem man ganz einfach standortabhängig den gewünschten Kurs finden kann 

https://www.starthaus.org ➔ Homepage des startHAUS Offenbach mit näheren Informationen zu den angebotenen Kursen 

https://web.arbeitsagentur.de/sprachfoerderung/suche/berufssprachkurse ➔ Webseite der Agentur für Arbeit, in der eine eine Liste von angebotenen Sprachkursen zu finden sind. Die Suche ist durch Standort-Spezifizierung noch genauer 

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