Helge Herget und Annette Schaper-Herget
- Die südliche Bieber – trockenes oder nasses Land?
- Renaturierung der Bieber – dieses Jahr wird der Beschluss 20 Jahre alt
- Nun setzt der Biber den Beschluss um
- Heuernte auf Feuchtgebieten?
- Interessenkonflikte, Politik und Lobbyismus
- Und nun?
Die südliche Bieber – trockenes oder nasses Land?
In den vergangenen trockenen Jahren ist das Land um die südliche Bieber immer weiter ausgetrocknet. Brunnen in den Gärten sind versiegt und Obstbäume, Nadelbäume und Flachwurzler, deren Wurzeln nicht tief genug reichten, vertrocknet. Ursprünglich handelte es sich um sehr nasses Land, und so ist es auch vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie festgelegt, nämlich als als „Sümpfe“, „Bruch- und Sumpfwälder“ und „Moore“, und alles als Landschaftsschutzgebiet. Auf den Bild sieht man Screenshots von Karten aus dem Portal des Landesamts,1 die die südliche Bieber auf Offenbacher Gebiet zeigen.
Renaturierung der Bieber – dieses Jahr wird der Beschluss 20 Jahre alt
Im Jahr 2005 gab es einen einstimmigen Beschluss (DS I (A) 451/04), dass die südliche Bieber renaturiert werden soll. Hier2 kann man die weitere Geschichte nachlesen.
Das Ziel einer Renaturierung besteht darin, das Wasser länger in der Landschaft zu halten, was in Zeiten des Klimawandels auch dringend erforderlich ist. Es geht nicht nur darum, Dürren zu verhindern, sondern auch um die Ansiedlung weiterer Arten und auch um Hochwasserschutz, denn in Zeiten des Klimawandels gibt es viel häufiger Starkregen. Wenn die Bieber nicht renaturiert wird, wird eines Tages der Ostendplatz wieder unter Wasser stehen. Hier3 kann man eine Erläuterung des Bundesumweltamts zum Sinn von Renaturierungen für Artenvielfalt und Hochwasserschutz nachlesen.
Passiert ist jedoch bis heute fast nichts: Es sind „ökologische Fachbeiträge“ erstellt worden, die jedoch nicht veröffentlicht und auch nicht uns zur Verfügung gestellt werden. Das sei nicht „üblich“, wie uns in einer Antwort4 auf eine Anfrage mitgeteilt wurde. 2020 hieß es noch in der Antwort5 auf eine Anfrage „Es wird eine vorgezogene Bürgerbeteiligung im Rahmen der Entwurfsplanung stattfinden (voraussichtlich 2021/2022)“. Nunja, jetzt haben wir ja auch erst 2025.
Nun setzt der Biber den Beschluss um
Bekanntlich hat sich an der südlichen Bieber eine Biberfamilie angesiedelt. Diese setzt nun das Hessische Naturschutzgesetz sehr schnell und kostenfrei um (§1 Hessisches Naturschutzgesetz: Sicherung und Herstellung der Biologischen Vielfalt): Die Moorflächen sind wieder vernässt, das Sumpfgebiet wieder sumpfig und der Sumpfwald auch wieder unter Wasser.
Hat er nun das Naturschutzziel erreicht? Das hängt auch von der weiteren Entwicklung ab.
Der Biber war wieder fleißig und hat seinen Damm höher gebaut. Außerdem hat es in der letzten Zeit viel geregnet, so dass die Bieber sowieso viel Wasser trägt. Und nun sind die Wiesen massiv überschwemmt, wie man auf diesen Fotos sieht.
Das Gelände ist jetzt überflutet.
Heuernte auf Feuchtgebieten?
In den trockenen Jahren haben Bauern viele Flächen für ihre Heuernte genutzt, auch wenn ihnen das Land größtenteils nicht gehörte. Die meisten Besitzer kümmern sich nämlich nicht, es sind Erbengemeinschaften, die größtenteils gar nicht in Offenbach wohnen. Pachtverträge sind die Ausnahme. Bis vor wenigen Jahren hat das ein Bauer aus Bieber gemacht, nachdem er verstorben war, hat ein Bauer aus Heusenstamm übernommen. Wenn Land vernachlässigt wird, kann die Untere Naturschutzbehörde eine Nutzung und Pflege genehmigen, diese muss aber im Rahmen der „guten fachlichen Praxis der Landwirtschaft “ ausgeführt werden (§ 5 Bundesnaturschutzgesetz) .
Als 2023 der Bieber seinen ersten Damm baute, wurde dieser mehrfach zerstört. Beim ersten Mal geschah dies vermutlich aus Ahnungslosigkeit, um zu verhindern, dass Äste in den Kanal unter dem bebauten Gebiet gelangen. Bei den nächsten Mal wollte wohl jemand verhindern, dass die Wiesen überschwemmt würden.
Der Bauer erntet seit Kurzem auf Flächen, die ihm größtenteils nicht gehören, aber er beklagt trotzdem „Ernteausfälle“ infolge der Überschwemmungen und überlegt sogar, auf Schadenersatz zu klagen (Offenbach-Post6 vom 15.12.2024).
Kürzlich hat jemand die Wiese neben dem Biberbau abgemäht und dabei nicht den Schutzabstand von zehn Metern eingehalten, was nach § 5 HeNaG aber vorgeschrieben ist. Dadurch hat er eine Bieberrutsche freigelegt, die vorher im Schilf versteckt war. Und nicht nur das, er hat die Wiese durchwühlt, die jetzt aussieht wie nach einem Panzermanöver, eindeutig ein Versuch, die Biber zu vergrämen. Inzwischen sind diese Spuren aber auch noch überflutet.
Interessenkonflikte, Politik und Lobbyismus
Wir haben eine Anfrage7 gestellt, wie die Stadt mit dem Problem umgehen will. Vorher hatten wir versucht, das Problem weniger auffällig zu lösen und an die Ämter geschrieben, dass sie bitte den Bieber nicht stören sollten. Denn die Grünen hatten sich beschwert, dass wir Anfragen8 stellen. Nur haben wir monatelang keine Antwort auf unsere Mails an die Ämter bekommen, stattdessen passierte das Gegenteil und das Schilf neben dem Biberbau wurde abgemäht. Also haben wir doch wieder eine Anfrage geschickt. Darauf kam erst mal eine Bitte um Verlängerung. Auch unser Antrag von 2023 wurde damals abgelehnt, u.a. mit dem Vorwurf, dass wir „nicht erst die Exekutive eingeschaltet“ hätten (also die Ämter, siehe unseren Sitzungsbericht9 vom März 2023). Man weiß also nicht, was und ob überhaupt in der Unteren Naturschutzbehörde passiert.
Die Offenbach-Post10 zitiert unsere Umweltdezernentin Groß (Grüne): „Je näher er an dicht bebaute Siedlungsgebiete heranrückt, desto mehr Risiken können entstehen … deshalb brauchen wir als Kommunen Handlungsmöglichkeiten.“ Soll damit gemeint sein, das Bundesnaturschutzgesetz zu verwässern, das den Biber streng schützt? Die Zerstörung des Damms und auch andere Störungen sind ja Straftaten. Vielleicht hofft Frau Groß auf eine Bundesregierung mit anderen Prioritäten als Umweltschutz! In der neuen Landesregierung ist das ja schon so. Die Zeitung berichtet auch, dass sie gemeinsam mit den Kommunen der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Rodau-Bieber für „Änderungen im Umgang mit dem Nager“ das Umweltministerium kontaktieren wolle: „Aber wir müssen schauen, ob es auch Gebiete gibt, die biberunverträglich sind“. Will sie den Biber also loswerden? Sind die Wirtschaftsinteressen des Bauern wichtiger?
Und nun?
Inzwischen sind auch einige Wege überflutet, vor allem die erste Brücke südlich der Obermühle. Da wird es nötig werden, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Diese müssen aber nicht stark in die Renaturierungspläne eingreifen.
Der Umgang mit dem Biber wird zeigen, ob Umweltschutz und Naturwiederherstellung tatsächlich ernst gemeint oder nur Lippenbekenntnisse sind und stattdessen die Wirtschaftsinteressen einzelner wichtiger sind. Da kann man sich auch fragen, ob man die Renaturierung der Biber überhaupt noch will. Denn dann ist dort auch keine Heuernte mehr möglich.
Links in diesem Beitrag:
- https://natureg.hessen.de/mapapps/resources/apps/natureg/index.html?lang=de
- https://www.ofa-ev.de/2021/10/22/renaturierung/
- https://www.umweltbundesamt.de/hochwasser-durch-renaturierung-entschaerfen#naturlicher-hochwasserschutz-durch-flussauen
- https://www.ofa-ev.de/wp-content/uploads/2024/12/Antwort-Renaturierung-der-Bieber-die-dritte.pdf
- https://www.ofa-ev.de/wp-content/uploads/2021/10/Magistratsantwort_2020-474-Renaturierung-Engels.pdf
- https://www.op-online.de/offenbach/klaerwasser-steht-auf-wiesen-93469842.html
- https://www.ofa-ev.de/anfrage-vergabe-von-pflegeauftraegen-fuer-wiesen-in-offenbach/
- https://www.ofa-ev.de/2024/06/04/warum-stellen-wir-anfragen/
- https://www.ofa-ev.de/20-sitzung/#biber
- https://www.op-online.de/offenbach/offenbach-handlungsoptionen-benoetigt-biber-flutet-wiese-in-93493629.html
Der Bauer hat ja sogar das so beklagte Heu liegen lassen.
ja, da gibt es viele Widersprüche
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie verwenden in Ihrer Beschreibung über den Biber den Begriff Biberrutsche. Das ist nicht korrekt.
Der Fachbegriff lautet Biberwechsel – nicht mit „ie“ schreiben.
Füge noch eine Aufstellung über den Biber, seine Lebensweise, Lebensraum und Kennzeichen bei.
MfG
Reinhard Ryborsch – Tel. 069 8509 7706
Kelle: Schwanz, mit schuppenförmig gemusterter, unbehaarter
ledriger Haut. Die intensiv durchblutete Kelle dient u.a. der
Abgabe von Körperwärme.
Zehen: jeweils 5 Zehen an vorderen und hinteren Füßen. Am
Hinterfuß zwischen den Zehen befinden sich Schwimmhäute.
Tauchen: bis zu 15 Minuten. Beim Tauchen wird die Nase durch
eine Hautfalte verschlossen.
Behausung: In Uferböschungen werden Erdbaue angelegt oder
Knüppelburgen, aus Baumknüppeln, Kraut und Erde aufgeschichtet.
Im Bau lebt die Biberfamilie mit bis zu 2 Jungtiergenerationen.
Lebensweise: Der Biber lebt in Einehe (monogam) ist dämmerungs-
und nachtaktiv.
Fortpflanzung: Abhängig von den Witterungsverhältnissen – speziell
im Winter (ab Januar) – findet die Paarung (Brunst) statt. Bitte nicht verwechseln mit Brunft!!
Die Brunstzeit liegt zwischen Januar und April.
Nach einer Tragzeit von 15 Wochen (105-109 Tagen)
werden 2-4 sehende und behaarte Junge geboren.
Die Hauptwurfzeit liegt im April und Mai. Die Jungtiere
werden ca. 2 Monate gesäugt, aber danach auch weiterhin
von der Mutter betreut. Bereits nach einer Woche nehmen
die Jungtiere erstmals pflanzliche Nahrung auf.
Lebenserwartung: 15 – 23 Jahre
Lebensraum / Reviere: Bevorzugt werden vegetations- bzw. unterholzreiche
Wälder / Auwälder mit angrenzenden Flüssen und Seen.
Die Reviere, die sich über mehrere hundert Meter Uferlänge
erstrecken, werden mit Biber-Geil markiert, ein Drüsensekret, das sich im Geilsack befindet.
Bibergeil – ein Heilmittel – war der Grund, warum die Biber vom
Menschen hemmungslos verfolgt und in weiten Teilen des
Verbreitungsgebietes / Lebensraums ausgerottet wurden.
.
Der Biber ist ein reiner Vegetarier.
Größe: 80 -100 cm
Gewicht: 20-35 kg
Gebiss: 20 Zähne, markante orangefarbene Schneidezähne
Bezeichnungen:
Biberbau – unterirdische Höhle
Biberburg – oberirdischer Knüppelbau / Knüppelburg
Hallo Herr Ryborsch,
vielen Dank für diesen sehr interessanten Kommentar und Ihr Interesse!
Es ist wichtig, dass solche Fakten bekannter werden
MfG
Annette Schaper-Herget