Unsere Anträge und die Reaktionen

Katze Clowi mit ihren Babys

Vor einem Jahr haben wir einen Antrag1 gestellt, dass Offenbach, wie schon viele andere Kommunen auch, eine Katzenschutzverordnung erlassen soll. Diese wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Die Grünen nannten eine solche Verordnung „Quatsch“ und behaupteten, der Tierschutzverein würde das nicht für notwendig halten (hier der Bericht2). Aber das Gegenteil ist der Fall, gerade der Tierschutzverein fordert eine Katzenschutzverordnung seit Jahren.

Denn eine solche Verordnung ist dringend notwendig. Deshalb haben wir in diesem Jahr den Antrag wieder3 gestellt. Und dieses Mal gab es mehr Aufmerksamkeit: einen Brief des Tierschutzvereins Offenbach e.V.4 an alle Fraktionen, einen weiteren Brief des Landestierschutzverbandes Hessen5 auch an alle Fraktionen, viele Kommentare von Tierfreunden in den sozialen Medien, u.a. von Tierärztinnen, und mehrere Zeitungsartikel (OP 14.04.2024: Samtpfötchen im Blick – Im zweiten Versuch: Ofa-Fraktion fordert Katzenschutzverordnung, OP 24.04.20246: Vor Showdown in Offenbachs Katzenkrimi: Landestierschutzverband schaltet sich ein, OP 11.05.2024: Auf die Fachleute und Betroffenen hören). Inzwischen hat sich auch der Verein „Politik für die Katz7 gemeldet, der sich ebenfalls seit Jahren für mehr Katzenschutz einsetzt. Auch die Landestierärztekammer Hessen8 ruft die Städte und Gemeinden in Hessen auf, die noch keine Katzenschutz-Verordnung haben, entsprechende Vorgaben in Kraft zu setzen.

Kater Wimpi ist sehr sportlich

Zum Glück wirkt der große öffentliche Druck: Kurz vor der letzten Stadtverordnetensitzung baten uns die Koa-Fraktionen, den Antrag auf die nächste Sitzung zu verschieben, damit man vorher in einer Ausschusssitzung mal den Tierschutzverein, das Veterinäramt und die Verwaltung anhören kann, unseren Bericht dazu kann man hier9 nachlesen.

Das ist ein gutes Zeichen! Unsere Hoffnung liegt nun darin, dass die vielen Argumente und die vorliegenden Fakten überzeugen. Das Thema wird in der öffentlichen Sitzung des Haupt-, Finanz-, Digitalisierungs- und Beteiligungsausschusses am Mo, den 3. Juni, 18:00 Uhr, im Saal 2 des Rathauses verhandelt werden.

Leider gab es schon einen sogenannten Abfangjäger: Das ist ein Änderungsantrag, dass man noch nicht entscheiden soll, sondern dass der Magistrat erst mal nur prüfen und berichten soll. Prüf- und Berichts-Änderungsantrage sind klassische Abfangjäger für unliebsame Anträge, gegen die man nicht offen stimmen will, auch wenn alle Argumente und Fakten längst klar sind und es darüber hinaus nichts mehr zu prüfen gibt. Man kann dann mit Sicherheit davon ausgehen, dass das Thema erst mal jahrelang auf Eis liegen wird. In Offenbach gibt es auch so einen Friedhof der Prüf- und Berichtsanträge10, also die Liste der Berichte, die noch nicht geschrieben worden sind und die man auch im PIO einsehen kann. Erstaunlicherweise kam der Abfangjäger nicht von der Koalition wie sonst üblich, sondern von den Freien Wählern, obwohl die doch auch Opposition sind. Aber voriges Jahr hatten sie ja auch schon gegen unseren Antrag gestimmt. Eine Verschiebung um einen Monat ist dagegen besser. Mehr als einen Monat braucht man auch nicht, weil alle Fakten und Argumente seit langem auf dem Tisch liegen. Die werden in der kommenden Ausschusssitzung vorgetragen werden und wir hoffen sehr, dass dann alle überzeugt werden.

Im Folgenden erklären wir die Problem und die Gründe, warum eine Katzenschutzverordnung helfen könnte.

Katzenliebe und Katzenleid, auch in Offenbach

In unserer Stadt gibt es viele Katzen und viel Katzenliebe. Aber nicht allen Katzen geht es gut: Denn die Zahl der streunenden Katzen wird von Jahr zu Jahr mehr! Diese Katzen ernähren sich von Abfällen, die oft verdorben sind, und von Mäusen und Vögeln, sie sind krank und stecken sich gegenseitig mit verschiedensten Erregern an, außerdem sind sie menschenscheu und oft verhaltensgestört. Oft werden Streuner eingefangen und ins Tierheim gebracht. Dort ist man inzwischen überfordert, denn meistens lässt sich der oder die Besitzerin nicht ermitteln. Das Tierheim ist überfüllt, und die meisten gefundenen Katzen lassen sich nicht mehr an Menschen gewöhnen und sind unvermittelbar. Bevor sie kastriert oder sterilisiert werden dürfen, muss das Tierheim ein halbes Jahr abwarten und die vielen Katzen so lange unterbringen. Das kostet sehr viel Geld. Das Tierheim Offenbach schreibt dazu: „dass es in den Jahren 2022 und 2023 pro Jahr rund 50 Kastrationen auf eigene Kosten vorgenommen hat“, und es bietet an, detaillierte Statistiken vorzulegen, inkl. der Tierarztrechnungen, die der Verein getragen hat. „Auch auf Grund des immer schlechteren Gesundheitszustands der Tiere steigt die Verweildauer bis zu einer Vermittlung und damit die Belastung für die Tiere. In den Jahren 2022 und 2023 haben wir pro Jahr rund 50 Kastrationen auf eigene Kosten vorgenommen.“

Immer wieder kriegen Tierärzte die Katzen zuerst auf den Tisch, die krank, verletzt oder geschwängert sind. Aber die Tierärztin darf die Katzen nicht kastrieren oder sterilisieren, weil ihr dafür die rechtliche Handhabe fehlt. Tierärzte sind daher auch überfordert und frustriert.

Hier ist ein Interview mit dem Katzenschutzbund11, der erläutert, dass es schwierig ist, Tiere, die in den ersten Wochen keinen menschlichen Kontakt haben, zahm zu kriegen.

Der Landestierschutzverband Hessen e. V. hat einen Brief an alle Fraktionen5 geschickt und auf den aktuellen Katzenschutzreport12 des Deutschen Tierschutzbundes verwiesen. Dieser zeigt deutlich, dass die Tierschutzvereine an ihre Grenzen geraten, so auch in Offenbach.

Eine Bildergalerie13 des Katzenelends, die Tierschutzvereine zusammengetragen haben, zeigt auch Straßenkatzen in besonders schlimmem Zustand. Für manche der Tiere kommt die Hilfe leider zu spät.

In Offenbach steigt die Zahl der streunenden Katzen Jahr für Jahr an, das Tierheim ist überfüllt, die Kosten für Unterbringung und Tierärzte steigen ebenfalls.

Der Tierschutzverein hat ein paar Zahlen zusammengestellt, die verdeutlichen, dass sich das Problem von Jahr zu Jahr verschlimmert:

Im Tierheim Offenbach versorgte Katzen 
 JahrGesamtdavon Fundtieredavon vom
Eigentümer
Abgeholt
Quote
Streuner
Belegungstage
Fundkatzen
durchschnittl.
Verweildauer in Tagen
2017139682267,65%2.54637
2018189762073,68%nicht erfasst 
2019201871978,16%5.07258
2020131501668,00%nicht erfasst 
2021152721875,00%4.27859
2022192872670,11%5.54264
2023203681479,41%6.968102
Aus dem Brief des Tierschutzvereins Offenbach e.V. an alle Fraktionen


Man sieht, dass die Ablehnung des Antrags voriges Jahr auf falschen Informationen und frechen Fake-Behauptungen beruhte. Aber wenn man auf keinen Fall einen Antrag der Opposition annehmen will, muss man halt irgendetwas erzählen, auch wenn es nicht stimmt. Und wir leben ja sowieso in Zeiten der Fake News. Und es geht doch darum, immer Recht zu behalten. Lästig genug, dass die Opposition überhaupt arbeitet!

Abhilfe: Warum wirkt eine Katzenschutzverordnung?

In der Begründung unseres Antrag haben wir die wichtigsten Argumente zusammengestellt, die wir hier noch mal wiederholen:

1. Sie schafft eine Rechtsgrundlage:
Eine rechtliche Handhabe wäre eine Katzenschutzverordnung, die einen Rechtsrahmen schaffen würde. Sie würde die Halter verpflichten, ihre Tiere, die Freigang haben, zu kastrieren, sie zu chippen und zu registrieren. Auch wenn diese Verordnung nicht genau kontrolliert wird, kann sie trotzdem die Situation abmildern. Denn sie schafft für Tierschützer einen sicherern rechtlichen Rahmen, auch unregistrierte Tiere sofort zu kastrieren. Sie können dafür von Katzenhaltern später nicht mehr verklagt werden. Und wenn ein Besitzer ermittelt worden ist, können ihm die Kosten auferlegt werden.

Dieses Argument liest man überall, so auch im Brief des Hessischen Tierschutzverbandes und dem des Tierschutzvereins. Auch Tierärzte äußern sich ähnlich, ebenso der Verein Politik für die Katz.

2. Der bürokratische Aufwand ist sehr gering:
Es gibt in Deutschland 1000 wirksame und geprüfte Katzenschutzverordnungen, da muss man das Rad nicht neu erfinden. Das Land Hessen stellt ein Handreichungs-Paket14 mit Rechtsgrundlagen und Anleitungen zur Verfügung. Danach setzt eine Katzenschutzverordnung eine Prüfung des Problems voraus. Diese hat in Offenbach der Tierschutzverein schon erledigt, der genaue Zahlen erfasst. Das Land Hessen stellt außerdem eine Beispiels-Satzung15 zur Verfügung, die einfach genutzt werden kann.

Der Landestierschutzverband führt noch ein weiteres Argument an: Viele Kommunen glauben, dass sie erst das Problem nachweisen und dafür mindestens drei bis fünf Jahre lang belastbare Zahlen zum Bestand und zu den Bemühungen der lokalen Tierschützer gesammelt haben müssen. Aber es gibt eine Antwort der Bundesregierung 201716 auf eine kleine Anfrage der Grünen, in der erklärt wird, dass für die amtliche Begründung einer KSV der Verweis auf das Tierschutzgesetz ausreicht. Wie schon erwähnt, hat außerdem der Tierschutzverein Offenbach alle Zahlen gesammelt und stellt sie gerne zur Verfügung.

3. Eine Verordnung hat einen großen Nutzen, selbst wenn sie nicht kontrolliert wird:
Dass man die Umsetzung nicht flächendeckend prüfen kann, ohne eine Diskussion über das Ausmaß staatlicher Überwachung in Privathaushalten führen zu müssen, ist klar. Eine KSV gibt den Tierschutzvereinen aber eine Rechtsgrundlage für ihr Handeln sowie das in-Rechnung-Stellen ihrer Kosten. Außerdem wird das Veterinäramt entlastet, wodurch auch Kosten eingespart werden.

Der Tierschutzverein betont in seinem Brief, dass registrierte Tiere schneller dem Eigentümer zugeordnet werden können und dass die Registrierung nicht über die Stadtverwaltung, sondern über Organisationen wie das Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes17 oder Tasso18 erfolgt.

4. Andere Kommunen haben überwiegend gute Erfahrungen gemacht:
Entgegen der Behauptung der Koa und der Freien Wähler (in der Begründung ihres Abfangjägers), berichten die Kommunen, die eine KSV erlassen haben, ganz überwiegend positiv über ihre Erfahrungen. Die Zahl dieser Kommunen, die eine KSV erlassen haben, nimmt stetig zu. Allein in Hessen sind es inzwischen 81 Kommunen19, darunter Hanau, Darmstadt, Langen und Wiesbaden.

Der Landestierschutzverband weist in seinem Brief außerdem auf eine Befragung20 hin, die 2012 bei 10 Kommunen mit Katzenschutzverordnungen in Niedersachsen durchgeführt wurde. Alle diese Kommunen berichteten schon damals über durchweg positive Erfahrungen.

Und was sind das für Erfahrungen? Hier listen wir einige Beispiele21 auf:



Fazit und Hoffnung

Die Notwendigkeit einer Katzenschutzverordnung auch für Offenbach ist dringend. Es gibt eine Vielzahl von guten Argumenten und die Einwände dagegen sind alle widerlegt. Der bürokratische Aufwand ist gering und der Nutzen groß. Im HFDB am Montag, den 03. Juni, 18:00 Uhr, Saal 2 im Rathaus, werden die Fakten und Argumente noch einmal ausführlich erläutert. Wir appellieren an die anderen Fraktionen, diesem Antrag dann in der nächsten Stadtverordnetenversammlung zuzustimmen.


Links in diesem Beitrag:

  1. Antrag Ofa zur Katzenschutzverordnung 2023. https://pio.offenbach.de/index.php?aktiv=doc&docid=2023-00019201&year=2023&av_dokument_id=19201&view=
  2. Bericht über die Ablehnung des Antrags 2023: https://www.ofa-ev.de/20-sitzung/#Katzenschutzverordnung
  3. Antrag Ofa zur Katzenschutzverordnung 2024: https://pio.offenbach.de/index.php?aktiv=doc&docid=2024-00020269&year=2024&av_dokument_id=20269&view=
  4. Brief des Tierschutzvereins Offenbach e.V.: https://www.ofa-ev.de/wp-content/uploads/2024/05/Brief-des-Tierheims.pdf
  5. Brief des Landestierschutzverbandes Hessen: https://www.ofa-ev.de/wp-content/uploads/2024/05/20240419_KatzenschutzVO-fuer-Offenbach_Brief-an-die-Fraktionen.pdf
  6. OP 24.04.2024: https://www.op-online.de/offenbach/vor-showdown-in-offenbachs-katzenkrimi-landestierschutzverband-schaltet-sich-ein-93027318.html
  7. Landestierärztekammer Hessen: https://www.ltk-hessen.de/aktuelles/einzelansicht?tx_ttnews[tt_news]=7849&cHash=d42a497279ac9c2621481d925484246e
  8. Verein „Politik für die Katz“: https://politik-fuer-die-katz.de/
  9. Bericht über die Verschiebung des Antrags 2024: https://www.ofa-ev.de/29-sitzung/#katzenschutzverordnung
  10. Friedhof der Prüf- und Berichtsanträge im PIO: https://pio.offenbach.de/index.php?quelle=&aktiv=berichte&suche%5Bsuche_ausfuehren%5D=&seite=0&suche%5Bsuche_ausfuehren%5D=0
  11. Interview mit dem Katzenschutzbund: https://www.zooroyal.de/magazin/katzen/streunerkatzen/
  12. Katzenschutzreport: https://www.jetzt-katzen-helfen.de/report
  13. Bildergalerie des Katzenelends: https://www.jetzt-katzen-helfen.de/bildergalerie-gefiltert
  14. Der Landestierschutzbeauftragte Hessen: Handreichung für Kommunen: https://tierschutz.hessen.de/sites/tierschutz.hessen.de/files/2022-11/handreichung_kommunen_final_15022022_0.pdf
  15. Der Landestierschutzbeauftragte Hessen: Muster für kommunale KatzenschutzVO: https://tierschutz.hessen.de/sites/tierschutz.hessen.de/files/2024-02/entwurf_katzenschutzvo_kommunal_-_muster_2024_-_final.pdf
  16. Antwort der Bundesregierung 2017 auf eine kleine Anfrage der Grünen auf S. 12: https://dserver.bundestag.de/btd/18/118/1811890.pdf
  17. Deutscher Tierschutzbund: https://www.tierschutzbund.de/
  18. Tasso Tierregister: https://www.tasso.net/
  19. Deutscher Tierschutzbund: Gemeinden mit einer Kastrationspflicht für Katzen: https://www.tierschutzbund.de/tiere-themen/haustiere/katzen/gemeinden-mit-katzenkastrationspflicht
  20. Befragung von KOmmunen in Niedersachsen: https://docplayer.org/56218876-Der-umweltausschuss-hat-darum-gebetenerfahrungsberichte-von-kommunen-einzuholen-die-eine-katzenschutzverordnungerlassen-haben.html
  21. Politik für die Katz: KaSchV wirkt? Erfahrungsberichte aus Kommunen: https://politik-fuer-die-katz.de/kschv-wirkt/



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